Die Eiszeit Wie dick ist das Eis auf Grönland? Wie dick ist das Eis auf der Antarktis? Was wiegt es im Vergleich zu dem darunter liegenden Stein? Welche Temperatur herrscht dort, wo es den Stein berührt, und ist es dort nicht allein schon auf Grund des eigenen Gewichtes flüssig? (Wasser dehnt sich bekanntlich beim Erstarren aus; Eis wird deshalb unter Druck flüssig und erstarrt dann wieder, wenn der Druck nachläßt: so kann es fließen. Schlittschuhläufer gleiten so auf einem Wasserfilm dahin, der durch den Druck der Kufe erzeugt wird, und ein beschwerter Stahldraht wandert durch einen Eisblock.). Grönland ist eine Steinschüssel voll Eis, das am Boden noch aus der Eiszeit stammt, und dort stellenweise über 100 000 Jahre alt ist. Das ist kein Zufall. Die kalten Pole der Erde wirken wie ein offener Kühlschrank, die Feuchtigkeit der Atmosphäre schlägt sich dort nieder. Das Wetter in diesen Gebieten ist deshalb meistens durch ergiebigen Regen und weiter zu den Polen hin durch heftige Schneefälle gekennzeichnet. Und was erst einmal liegt, bleibt, anders als in den Tropen liegen, so lange es dazu nur ausreichend kalt bleibt. Liegt Eis aber lange genug an einer Stelle, dann drückt es den darunter liegenden Stein wie ein Schiff so weit in den zähflüssigen Erdmantel hinab, bis sein Gewicht wieder ausgeglichen ist. Da Eis fließt, wenn auch langsam, sammelt es sich an der tiefsten Stelle, also dort, wo es bereits durch das eigene Gewicht eine Vertiefung hervorgerufen hat. Da es auf einer Insel wie Grönland an den Rändern in Form von Gletschern ablaufen kann, während es sich in der Mitte als nach oben gewölbte Eiskappe immer weiter ansammelt, drückt es die Mitte der Insel immer weiter in die Erde hinein und wölbt dabei ihre Ränder auf, wodurch sich dieser Prozess noch weiter verstärkt. So bildete sich im Laufe der Zeit eine gewaltige Schüssel mit einer riesigen Eislinse darin heraus. Der Rest des arktischen Eisfeldes besteht dagegen zum größten Teil aus Treibeis, gefrorenem Meerwasser, das mit einer zirkulären Meeresströmung langsam um den eigentlich mitten im Meer liegenden geographischen Pol rotiert. Solange dieses Meereis im Wasser schwimmt, hat sein Schmelzen oder Erstarren keinen Einfluß auf die Höhe des Meeresspiegels (es gibt übrigens auch im Meer kein salzhaltiges Eis, Meereis besteht aus Süßwasser wie auch die durch Schneefall entstandenen Gletscher und deren Bruchstücke, die Eisberge. Gletscher, wie Flüsse, tragen Sand, Steine, Geröll, sogar Felsen bis ins Meer, wenn sie dieses je erreichen - ihr Abbruch, die Eisberge, groß wie Gebirge, tragen diese Fracht in sich eingeschlossen nach Süden und lassen sie unterwegs nach und nach auf den Meeresboden regnen, wobei sie sich hin und wieder kopfüber drehen). Die Antarktis im Süden ist eigentlich das glatte Gegenteil der Arktis: eine große zusammenhängende Inselgruppe wie Indonesien oder die Philippinen, die durch den Eispanzer fast komplett unter den Meeresspiegel gedrückt worden ist, und um die das Südpolarmeer im Kreise fließt. Ähnlich wie Grönland und der Antarktis erging es wohl auch anderen Gegenden unter dem Eispanzer während der Eiszeit, so etwa Nordamerika und Nordeuropa. Große Flächen, Täler und Tiefebene der Kontinente wurden durch das Gewicht des Eispanzers herabgedrückt, teilweise unter den heutigen Meeresspiegel. Da Eis leichter ist als Stein, bildete es immer noch eine Kappe; ein Großteil davon lag also immer noch über dem Meeresspiegel, abhängig von der Dicke der Kontinentalbereiche, auf dem es lag. Alles auf der Erde taucht so weit in den Erdmantel ein, bis Gewicht und Auftrieb sich ausgleichen. Auch Steinberge und Kontinentalbereiche haben wie Eisberge einen Sockel, der weit unter die Erdoberfläche herabreicht. Teile des Landes lagen so durch die Eisauflage etliche Meter tiefer als heute, und tiefer auch als es dem eigenen Gewicht entsprach. Gleichzeitig waren die Meere wahrscheinlich etwas flacher geworden, da sich die Meeresböden wegen des fehlenden Gewichtes des auf dem Land gebundenen Wassers in ihnen entsprechend gehoben hatten. Dieser Prozess des Einsinkens oder Wiederauftauchens (zum Beispiel wenn ein Berg durch Wasser abgetragen wird) geht, bedingt durch die Zähigkeit des Erdmantels, sehr langsam vonstatten; er rechnet nach Zentimetern pro Jahr. Eis bildet sich und schmilzt dagegen sehr viel schneller, so daß am Ende einer Eiszeit große Ströme von salzfreiem Schmelzwasser vom Land in die Meere flossen. Dort, wo das Land unter dem sich durch das abfließende Schmelzwasser immer noch weiter erhöhenden Meeresspiegel lag, überschwemmten Meerwasser und Schmelzwasser gemeinsam das Land, es herrschten weitreichende Flache Meere, wo vorher Eis gewesen war, bis das Land aus den Fluten wieder auftauchte. Wie kam dieses? Das Eis auf dem Land hatte dieses herabgedrückt und gleichzeitig die Tiefe der Meere verringert. Als es schmolz, lief zuerst das Land über und dann die Meere voll, bis sich der Prozess so gemächlich und langsam wie er entstanden war umkehrte: Die Kontinente hoben sich von der Last der Eises befreit wieder aus dem Erdmantel, das Wasser lief in die sich wieder vertiefenden Meeresbecken, und das Land trennte sich vom Wasser- ganz wie es in der Schöpfungsgeschichte beschrieben steht... wenn sich das vielleicht auch auf einen früheren Prozess bezieht (aber wer weiß das schon?). Dieser Prozess vollzieht sich noch heute: vor 10 000 Jahren vom Gewicht des Eispanzers befreit, hebt sich Norwegen noch immer aus dem Meer: die Fjorde und Schären sind so gesehen langsam aus dem Meer auftauchende ehemalige Bergrücken und Täler. # Die Erde ist übrigens auch nicht statisch rund: sie wabert, schwingt, beult und dehnt sich wie jede sich in der Schwerelosigkeit drehende Flüssigkeitsansammlung. Nur eben für uns langsam.