Fremd-Text: ------ Vor 500 Jahren wurde Millionen Menschen, die in Armut und Elend ihr Dasein auf der Erde fristen mussten, das Paradies im Himmel versprochen. Doch um in den Himmel zu kommen, so sagte die Kirche des Mittelalters, musste man einen Schlüssel kaufen, den nur sie besitzt. Dieser berüchtigte Ablasshandel mit dem Trugbild des Schlüssels zum Himmel war ein Milliardengeschäft. Millionen einfacher Menschen damals standen vor einer ungeheuerlichen Alternative: Entweder sie versorgten ihre Kinder und ihre Familie mit Brot oder sie erkauften ihrer Seele den Zugang zum Himmel. Doch dann brach dieses Betrugssystem zusammen. Mit seinem Thesenanschlag im Oktober 1517 brachte ein einfacher Mönch das gesamte Kartenhaus aus Unmenschlichkeit, Machtgier und menschenverachtender Arroganz zum Einsturz. Es folgten Kriege, die ganz Europa in Schutt und Asche legten. Sowohl der Bauernkrieg von 1525 als auch der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 waren Versuche der Obrigkeit, mit Waffengewalt das Mittelalter wieder herzustellen und die Menschheit in die geistige Nacht des Mittelalters zurück zu werfen. Wie wir wissen, ließ sich dieses Rad nicht mehr zurückdrehen. Entnommen: Rath International. Dezember 2002 Nicht schlecht! Revolution und Restauration ¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯ Solche Versuche zur Restauration gab es häufiger in der Geschichte in Europa, auch nach der französischen Revolution, und da nicht nur in Frankreich: Nachdem er praktisch den gesamten europäischen Kontinent - mit Ausnahme des russischen Reiches - unter seine Kontrolle gebracht hatte, verteilte Napoleon Europa quasi als Familienbesitz. Seine Brüder und seinen Schwager Murat machte er zu Königen. Niemand aus der Familie durfte sich seinen Wünschen widersetzen. So mußte auch sein jüngster Bruder Jerome, der nach Amerika ausgewandert war und dort geheiratet hatte, nach Europa zurückkehren. Nachdem Napoleon 1806 Preußen und das mit ihm verbündete Kurfürstentum Hessen besiegt hatte, schneiderte er sich ein eigenes "Königreich Westfalen" zusammen. Ein Königreich, das die Mitte Deutschlands einnahm. Geografisch reichte es von Bremen im Norden bis Frankturt im Süden, von Düsseldorf im Westen bis Magdeburg im Osten. Und aufgrund seiner günstigen geografischen Lage, seiner reichlich vorhandenen Schlösser wurde Kassel zur Hauptstadt. Napoleon hatte inzwischen seinen jüngsten Bruder Jerome mit einer württembergischen Prinzessin verheiratet. Sechs Jahre nun sollte Jerome als "König Lustik" in Kassel residieren. Stoff für unzählige Anekdoten liefern. Denn angeblich soll der einzige Satz, den er auf deutscher Sprache beherrschte: "Morgen wieder lustik" zugleich auch Regierungs - Programm gewesen sein. Die Herrschaft des Jerome wird als eine einzige Folge von Festen und Zerstreuungen geschildert. Vergessen wurde jedoch im patriotischen Überschwang nach dem Sturz Jeromes, der 1813 von russischen Truppen aus dem Land gejagt wurde, daß die sechsjährige Franzosenherrschaft auch beträchtliche Fortschritte in bürgerlicher Hinsicht mitbrachte. Der "Code Napoleon", damals wohl das modernste Gesetzbuch Europas, wurde auch in Nordhessen in Kraft gesetzt. Mit ihm die Aufhebung der Vorrechte des Adels, Gleichheit vor dem Gesetz, Emanzipation von Minderheiten, wie der Juden. Gesetze, die der nach dem Sturz Jeromes unter dem stürmischen Jubel seiner treuen Hessen zurückkehrende Kurfürst Wilhelm 1. sofort wieder zurücknahm. Entnommen dem Kasseler Extra Tip vom 8. Januar 2003