Zurueck - Prospekt 1850 - Ikarus


Marx Darwin Clausius

- Das geschlossene System -

Ostern 2021 Spezial

(verbessert & erweitert)


Enter the disaster area

Das Problem der geschlossenen Systeme

"So wie die ständige Zunahme der Entropie das Grundgesetz des Universums ist, so ist der Kampf gegen die Entropie durch immer stärkere Strukturierung ein Grundgesetz des Lebens" - zugeschrieben Vaclav Havel


Gegen Entropie kann man nicht ankämpfen; das würde sie nur weiter erhöhen, so wie man sich nicht aus einem Loch herausgraben oder eine Kerbe aus der Bordwand eines Ruderbootes herausschneiden kann: es würde einfach nur untergehen.

DAS ist das Grundgesetz des Universums: es wird "Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre" genannt und funktioniert nur in eine Richtung.


Auf der anderen Seite steht einer Abnahme der Entropie und einer immer höheren Strukturierung des leblosen Universums nichts im Wege, wenn dieser Entwicklungsprozeß nicht thermodynamisch ist.

So kann aus Chaos Kosmos entstehen.

Und Leben hervorbringen.


Der Mensch stammt nicht von Göttern ab, so romantisch dieser uralte Aberglaube auch sein mag: Die älteren Strukturen im Kosmos sind einfacher als die neuen.




Das Problem der geschlossenen Systeme


- verbessert & erweitert


Vor 150 Jahren oder drei Großgenerationen machten sich drei Zeitgenossen daran, gemeinsam, aber jeder für sich, ihre Gesellschaften aus den Klauen der Religion und Vorherbestimmtheit zu befreien.

Sie waren äußerst erfolgreich.

Dies gilt für Karl Marx, den Erfinder des Marxismus, Charles Darwin, den Erfinder des Darwinismus, und Rudolph Clausius, den Entdecker des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik (tatsächlich aller, und des Konzepts der „Entropie“ obendrein).

Abgesehen von den einzelnen Fehlern, die ihre Theorien haben könnten - Marx zum Beispiel versäumte es, seine Voraussetzungen zu definieren, sondern behauptete einfach eine Korrelation, wodurch seine Theorie unbrauchbar wurde; Clausius mag das weniger gültige von zwei möglichen Verhältnissen gewählt haben, Q/T oder T/Q, um sein Konzept der Entropie oder Arbeitsunfähigkeit zu definieren; und Darwin hat in seinem "Survival of the Fittest" oder dem "Überleben der Geeignetsten" sehr geschickt eine Tautologie eingebaut (wenn er diesen Ausdruck überhaupt selber geprägt hat) - ist es bemerkenswert, daß alle drei Zeitgenossen sehr erfolgreich dazu beigetragen haben, ihre, d. h. die westeuropäische Gesellschaft aus der Bahn zu werfen.

Dies kann absichtlich geschehen sein, wie im Fall von Marx, nebenbei, wie im Fall von Darwin, oder unwissentlich, wie im Fall von Clausius. Aber alle drei taten es; und alle drei, so könnte man argumentieren, machten denselben grundlegenden Fehler; denn auf diese Weise befreiten sie vielleicht ihre Leute tatsächlich aus den Klauen der individuellen und gesellschaftlichen Religion, aber sie ließen sie damit ebenso, 150 Jahre oder drei Großgenerationen später, völlig verloren treibend auf hoher See zurück, nachdem die letzten der alten Religiösen ausgestorben waren und sich mit ihnen die letzten Stränge zum Konzept der eigenen Schöpfung und damit der eigenen Existenz auflösten.

Nun, könnte man argumentieren, daß es, Pech gehabt, keine Schöpfung gibt, obwohl man existiert; lebt damit. Verliert den Verstand, wenn es sein muß! Übernehmt die Verantwortung für das Universum, falls es nicht ausreicht, die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen; verehrt heidnische Gottheiten, um euch zu erleichtern, oder verehrt statt dessen das eigene Selbst; begeht kollektiven Selbstmord oder betäubt euch bis zur Bewußtlosigkeit, oder was immer ihr tun müßt, um kein dummes Tier zu sein, aber lebt damit. Ihr, zusammen mit allem anderen , existiert ausschließlich aufgrund einer theoretisch verzweifelt unwahrscheinlichen, zufälligen, anormalen Aberration im Zeit-Raum- Kontinuum. Ihr seid die AUSNAHME. Akzeptiert es.

Dies fordert jedoch etwas, das nicht nur nutzlos, sondern faktisch falsch ist.

Denn alle drei fraglichen Individuen schlossen, um sich vom "alten Denken" abzukoppeln, genauer gesagt, weil sie nur dann ihre Beobachtungen beschreiben könnten, theoretisch jeden Einfluß von außen aus, der diese stören könnte.

Alle drei beschrieben „geschlossene Systeme“.

Nun, dies kann nützlich sein, um begrenzte Aussagen zu machen (sofern die Einschränkungen vollständig angeben werden); aber wenn diese Aussagen anschließend verallgemeinert werden, sind sie falsch.

In Wirklichkeit gibt es kein geschlossenes System, was die angesprochenen Themen betrifft, auch nicht theoretisch. Dies soll nicht heißen, daß eine solche Einschränkung die Allgemeingültigkeit des Ergebnisses begrenzen könnte, sondern daß eine solche Einschränkung den Gegenstand unmöglich macht, da er so physisch nicht existieren kann.

Oder, um es im Kontext zu sehen: Die Menschen aufzufordern, sich selbst als von ihrer eigenen Schöpfung getrennt zu betrachten, würde sie physisch inexistent machen, und sie wissen das; Gott oder kein Gott.

Natürlich führt dieses Wissen zu Nihilismus und dem narzißtischen, aber vergeblichen Bemühen, sich selbst zu erschaffen, da man ja zuvor noch nicht erschaffen wurde.





Aber das ist nicht der Punkt

Der Punkt ist, daß sie, durch die Betrachtung effektiv geschlossener Systeme, die - und das ist wichtig - bereits erschaffen wurden und, was ebenso wichtig ist, sich von sich selbst ernähren, das, was sie als wissenschaftliche Erklärung für die Existenz menschlicher Individuen und Gesellschaft anbieten (und eigentlich ebenso alles andere) folglich eine kannibalische ist, die unweigerlich zum physischen Tod führt.

Sie boten zwar eingeschränkte Lösungen für eingeschränkte Probleme bestimmter wissenschaftlicher Theorien, boten aber, wenn sie verallgemeinert wurden - was unvermeidlich war, da sie in allen drei Fällen den religiösen Glauben in Frage stellten, wie die Entstehung des Menschen (Darwin), der Gabe des täglichen Brotes (Marx) und die Andauer der Ewigkeit (Clausius) - keine Lösung für die Schöpfungsfrage; da sie, um ihre Argumente geltend zu machen, ihren Gegenstand absichtlich von allen äußeren Einflüssen abgeschnitten hatten, wodurch sie gleichzeitig theoretisch gültig und praktisch ungültig wurden.

Die Gottesidee als fehlerhafte Erklärung für die Existenz des Universums - und unsere Fähigkeit, es zu betrachten! - zu verwerfen mag die westliche Gesellschaft, und in der Tat den Menschen allgemein, von den Fesseln der Vergangenheit befreit haben; aber dieses geschah um den Preis, nach den Maßstäben der Ersatztheorien, in der Zukunft nicht mehr zu existieren, wenn diese Trennung einmal vollzogen war.

Genauer gesagt, indem sie die Existenz des Universums auf vielleicht gültige Theorien stützten, die jedoch, um überhaupt einen Gegenstand zu untersuchen zu haben, ein Universum außerhalb des Universums erforderten, während dieses absichtlich aus ihren Berechnungen weggelassen wurde, zerstörten diese Erklärungen, selbst wenn sie gültig bleiben, alle Möglichkeiten einer künftigen Existenz, indem sie die Vergangenheit abschneiden, die diese Existenz erst ermöglichte; und das mit ihren ureigenen Beweisen.

Man kann nicht durch ein System existieren, das ohne externe Eingabe nicht existieren kann, wenn man diese Eingabe negiert.




Gehen wir ins Detail




Clausius stellte während seiner Arbeit an den Grundlagen der Mechanik der Dampfmaschine (die dann zur Mechanik des Universums extrapoliert wurde) fest, daß es so etwas wie eine ewige Bewegung nicht gibt.

Es gibt sie jedoch; denn obwohl diese Einschränkung für die Dampfmaschine gelten mag, ein System, das, obwohl die Thermodynamiker darauf bestehen, "geschlossene Systeme" zu beobachten, ausdrücklich nicht geschlossen ist, da es immer eine externe Quelle und Senke benötigt - die jeweils ultimative ist dabei tatsächlich das Universum selbst, d. h. die Materie (als Quelle) und der leere Raum (als Senke) - jenseits welcher es in genau diesem Universum eine ständige Bewegung gibt; und dies für alle Ewigkeit, d. h. solange es existiert.

Wenn diese Welt also allein durch Thermodynamik hätte entstehen sollen, wäre sie dazu nicht in der Lage gewesen; die ureigenen Gesetze der Physik würden es verbieten.

Sie ist jedoch. Und sie bewegt sich. Ewig.

Wenn man daher die eigene Existenz als Mensch ausschließlich auf Thermodynamik stützt, würde man nicht existieren; und wenn ja, könnte man sich nicht bewegen oder atmen. Der Tod wäre eine zu freudige Beschreibung eines solchen Zustandes - er wäre negativ, eine von Dantes Höllen.

Man müßte die eigene Existenz kannibalisieren, um zu existieren.


Aber ohne Verschulden von Clausius - und vielleicht sogar unbewußt - betrachteten sich die Menschen weiterhin als von diesen Gesetzen der Thermodynamik ausgenommen, die sie andererseits für das gesamte Universum zu akzeptieren scheinen, von dem sie ein Teil sind. Und wenn sie sich als Nettokonsumenten sehen, ärgern sie sich darüber. Es erinnert sie an den Tod.

Vielleicht erschreckt der Gedanke, sich grundsätzlich keine eigenen Lebensumstände schaffen zu können, vor allem jene Menschen, die sich der Versorgung mit ihrem "täglichen Brot" durch Gott nicht mehr sicher sind (obwohl sie den "Schweiß ihres Angesichts" in dem sie "ihr Brot essen" zuerst mit Ochsenschweiß, dann mit dem Rauch von Dampfpflügen ersetzten).

Als dann Darwin, wie weiter unten beschrieben, sich dessen annahm und die Menschen zu einem zufälligen Produkt einer blind agierender Natur erklärte, zerbrach das ihren narzißtischen Traum, wie man es heute nennen könnte; obwohl die Menschen dadurch nicht schlechter dastehen würden als jedes andere Lebewesen.

Sich selbst mit den Vögeln auf den Feldern zu vergleichen, die sich nicht mühen (sie tun es sehr wohl…), aber der Herr ernährt sie trotzdem, hat vielleicht ihrem Selbstwertgefühl entgegengewirkt. Aber Vögel arbeiten nicht nur; der Mensch wird auch über denselben Mechanismus ernährt.

Aus wissenschaftlicher Sicht hat Clausius zu Recht darauf hingewiesen, daß sich kein thermodynamisches System selbst erhalten kann; es braucht immer eine externe Quelle und Senke, die es selbst nicht bereitstellen kann.

Aus ökonomischer Sicht kann sich daher auch kein System bestehend aus Mensch, Tier und Maschine selbst erhalten.

Aber die Mehrheit der Menschen in diesen Gebieten war nicht nur nicht gewillt, die universellen Gesetze der Thermodynamik auf ihr eigenes Handeln anzuwenden; sie verlangten auch darüber hinaus, daß ihre (bezahlte!) Arbeit als die alleinige Quelle aller hergestellten Dinge sein sollte, in einem sich ständig erweiternden Bereich; während sie lernten - wenn auch vielleicht nur auf Umwegen - daß diese Gesetze der Thermodynamik, angewandt auf das Universum, dessen Untergang und Zerstörung forderten, sogar dessen Tod.

Vom Standpunkt der Religion aus betrachtet, wandelte sich damit die Schöpfung, innerhalb einer Generation, von etwas ewigem zu etwas dem Untergang geweihten, während der Mensch die Herrschaft übernahm, und für seine eigene Existenz verantwortlich wurde; und damit für die gesamte Schöpfung - zumindest der des Planeten und seiner Natur.

Innerhalb nur einer Generation hatte sich der westliche Mensch so, in seiner eigenen Vorstellung, von einem Geschöpf zu einem Schöpfer gewandelt - und mit dem wissenschaftlich Unmöglichem beauftragt.




Marx wiederum, während er zu verstehen und zu erklären versuchte, wie die menschliche Ökonomie funktioniert (was er in ein paar Wochen zu schaffen dachte) - und versuchte, die Massen zu erlösen, die sich während dessen rapide durch Clausius' Maschinen ersetzt sahen (zumindest den Ergebnissen nach zu beobachten; ganz unabhängig davon, ob er vom letzteren wußte oder nicht) - die Produktion eines ökonomischen Wertes von vornherein auf die reduzierte, welche er - tautologisch - die Arbeiterklasse nannte.

Er stieß damit sofort auf die Schwierigkeit, diese "Arbeiterklasse" zu definieren; d. h. in endlosen Disput darüber, wer in diesen illustren Kreis aufgenommen werden sollte, und wer nicht, und wer diese Entscheidung treffen würde; um dann diese Entscheidung (wie so viele) in die Zukunft verschieben, obgleich sie grundlegend war, und diese Widersprüche dann als "inhärente Widersprüche" bezeichnen - wären zum Beispiel Frauen, als Gebärende, einbezogen? Ist die menschliche Reproduktion, ist die Produktion seiner selbst, theoretisch als Produktion zu betrachten?

Die Tatsache, daß diese Produktion, einfach weil sie notwendigerweise thermodynamisch ist, wie von Clausius beschrieben, zum sofortigen Erliegen kommen würde, sobald sie von externem Input aus der (und tatsächlich Output in die) aus der Umgebung abgeschnitten wäre, macht sie, wenn isoliert oder "geschlossen", theoretisch unmöglich.

Also - abgesehen von der willkürlichen Trennung des Menschen vom Menschen, des Menschen vom Tier und des Tieres von der Maschine, obwohl alle drei einen Pflug ziehen können (oder vielleicht in Zukunft Menschen reproduzieren) - die Tatsache, daß die menschliche Produktion (und Reproduktion) untrennbar mit Zerstörung einer, daher notwendigerweise anders erzeugten Umwelt verbunden ist, macht es unmöglich, damit eine Beschreibung von "Wert" anzugeben.

Um es für einen Moment persönlich zu machen: Jeder nimmt den Raum des Materials ein, den der eigene Körper standardmäßig ausfüllt; wo der eine ist, kann nichts anderes sein. Und wenn das Dasein als lebender Mensch allein auf der eigenen Arbeit beruhte, wäre es nicht vorhanden; und wenn doch - und dabei für einen Moment die verlorene Arbeit ignorierend, welche in die Produktion eines eigenen selbst (von, sagen wir, zwanzig Jahren) und der notwendigen mechanischen Umgebung geflossen wäre: einen Fahrradgenerator zu treten, um ein Kartoffelfeld zu beleuchten, um sich in einer absolut kalten und lichtlosen Umgebung zu ernähren, würde den Probanden innerhalb von Sekunden töten.

Doch selbst in der wohlwollendsten Umgebung ist die Vorstellung, "sich selbst ernähren" zu können - geschweige denn dabei einen Gewinn zu erwirtschaften - durch eben jene Gesetze verboten, welche physische Arbeit im Allgemeinen beschreiben; die Gesetze der Thermodynamik nach Clausius. Und da der Mensch von physischer Existenz ist, ist alle seine Arbeit physisch; Gleiches gilt für Tiere und Maschinen - und sogar für Pflanzen.

Noch einmal: Man müßte die eigene Existenz kannibalisieren, um zu existieren.

Es gibt keinen Ausweg


Ökonomisch
gesehen hatte Marx darin Recht, daß Menschen schätzen, was sie produzieren, und produzieren, was sie wertschätzen; entfernt man aber die Menschen aus der Gleichung, bleibt nur Zerstörung übrig.

Natürlich hatten er (und andere, die gute Journalisten waren) auch insofern Recht, auf die Notlage der werktätigen Massen aufmerksam zu machen; denn auch wenn diese nicht exklusiv definiert werden konnten, sie waren da. In jedem System gibt es Gewinner und Verlierer; und fast per Definition mehr von den einen als von den anderen.

Übrigens arbeiteten auch seine Erzfeinde auf der kapitalistischen Seite unter der Prämisse des Profits (mathematisch wahrscheinlich dadurch erreicht, daß man seine Schulden oder Kredite als "Vermögenswert" auf der Habenseite verbuchte - also durch ein Zeichenwechsel-Hütchenspiel) - der Hauptstreitpunkt ist und war nur, wer das Recht darauf hätte was zu besitzen, wie groß die jeweilige Zuteilung wovon ist - wobei Marx fordert, daß nur diejenigen, die "arbeiteten", um diesen Gewinn zu erzielen, ihn erhalten sollten - eine unmögliche Forderung, denn weder kann dieses "arbeiten" klar definiert werden, noch kann irgendein Gewinn irgendeiner Arbeit zugeordnet werden: Es gibt keinen.

Kein System, das reine Arbeit als Mittel zu seiner Erreichung vorschreibt, hat jemals Wohlstand erreicht; ganz im Gegenteil. Gewinn wird erzielt, wenn Arbeit zum Zugang zu mehr Ressourcen führt, als in dieser Arbeit eingesetzt wurden. Arbeit schafft nicht aus sich heraus Reichtum.

Aus wissenschaftlicher Sicht kann ein solches System niemals einen eigenen Gewinn erzielen. Alle Arbeit resultiert in den notwendigen Kosten für einen Gewinn. Und dieser Prozeß ist einseitig oder gerichtet: Man kann aus einem Baum einen Stuhl machen, aber keinen Baum aus einem Stuhl. Der kleinste Riß mit einer Säge kann nie wieder rückgängig gemacht werden, sondern nur geheilt.

Aber selbst wenn ein solches Kunststück auch nur im Entferntesten möglich wäre, würde das im Produktionsprozeß zerstörte Energiepotential im Reproduktionsprozeß nicht wieder aufgefüllt, sondern erhöht.

Vom Standpunkt der Religion aus gesehen ist in der Tat alle menschliche Arbeit vergeblich, da der Herr gibt und nimmt, wie es ihm gefällt; das gilt für das Individuum, aber auch ein Kollektiv aus Individuen zu bilden, um einen Versicherungspool zu haben, würde nur dann wirklich funktionieren, wenn der Durchschnitt positiv wäre.

Auch wenn diese Sichtweise dazu diente, Ungerechtigkeit zu rechtfertigen (was sie aus individueller und sogar kollektiver menschlicher Sicht sicherlich tat, allerdings indem sie außer Acht ließ, ob dabei tatsächlich alle Aspekte berücksichtigt worden waren, und in welchem Zeitrahmen - ggf. der Ewigkeit; oder, um es unverblümter auszudrücken, ob, angesichts ihrer fehlenden Allwissenheit und offensichtlichen Parteilichkeit, ein Urteil überhaupt gerechtfertigt war), umging die Frage nach 'Gerechtigkeit' und 'gerechtem Lohn' die Frage, wie Menschen in der Lage sein sollten, ihre eigenen Voraussetzungen zu kontrollieren; wie also abhängige Geschöpfe zu unabhängigen Schöpfern von Reichtum werden sollten, von dem andere abhängen. Menschen können die Regeln vielleicht verstehen; sie können sie aber nicht ändern.

Nachdem das Konzept der Schöpfung damit nicht nur durch die Wissenschaft zum künftigen finalen Untergang verdammt war, sondern bereits dann und dort durch wirtschaftliche Eroberung beendet, verblieben die betroffenen Individuen der westlichen Gesellschaft mit der buchstäblich unmöglichen Aufgabe, das zu tun, was sie nicht tun konnten, das zu erschaffen, was sie nicht erschaffen konnten, nämlich sich selbst und ihre eigene Sache und Bestimmung, während sie als ehemalige Passagiere mitten im Sturm das verlassene Steuer ihres Schiffes übernahmen.




Darwin ist komplizierter.

Seine Beobachtungen sind scharf; seine Schlußfolgerungen gültig.

Ja, der Mensch hat sich aus einer früheren Art entwickelt, da alle lebenden Arten nicht nur das Produkt der Interaktion zwischen sich selbst und ihrer geologischen und biologischen Umgebung sind, sondern auch der Veränderungen dieser geologischen und biologischen Umgebung, die durch diese Interaktion erst erzeugt werden.

Der Ausdruck "Survival of the Fittest", dem "Überleben der Geeignetsten" (plural!), so tautologisch er auch sein mag, erklärt also, wie sich Arten an eine sich ändernde Situation anpassen, die sie selbst mit erzeugen; und der Mechanismus, der später als treibende Kraft hinter dieser Anpassung an äußere Veränderungen deklariert wurde, waren zufällige innere Veränderungen ihrer reproduktiven DNA – die dann 'ausgewählt' werden, d. h. zur Reproduktion übrig bleiben, wenn sich ihre Ergebnisse als tragfähig erweisen.

Das Problem ist, die meisten von ihnen würden das nicht.

In gewisser Weise (und wenn auch nur durch die Ausweitung des Zeitraums) zerstörten Darwin et al damit die Vorstellung, daß Mensch und Tier individuell von Gott vor einigen tausend Jahren auf einen Schlag ex nihilo, aus dem Nichts, erschaffen worden seien; indem er auf einen Mechanismus verwies, der eigentlich allen Züchtern von Pflanzen und Tieren auf die eine oder andere Weise bewußt gewesen sein muß.

Und wie Marx und Clausius gelangte Darwin zu seiner Theorie in erster Linie durch die Beobachtung eines "geschlossenen Systems", d. h. durch die Untersuchung der Veränderungen bei Vögeln, die in einem Archipel von Insel zu Insel hüpften, welche beide - Inselgruppe und Vögel - bereits existieren und im Stoffwechsel gehalten werden mußten, damit derartige Beobachtungen überhaupt stattfinden konnten; um dann später vielleicht rückwärts extrapoliert zu werden, um die ersten Amöben mit späteren Menschen zu verbinden.

Hier wäre angebracht, an den bereits angesprochenen Punkte der Selbst-Kannibalisierung zu erinnern: Leben existiert nicht ohne externen In- und Output. Aber es könnte hier etwas viel subtileres zu beobachten sein; nämlich, daß die Veränderungen, welche die Evolution vorantreiben, nicht wirklich zufällig sind; wirklich zufällige Veränderungen innerhalb der DNA-Struktur sind normalerweise tödlich.

Statt dessen scheint die Entwicklung einer oder mehrerer Arten im Allgemeinen darauf beschränkt zu sein, immer komplexer zu werden; und in jeder lebenden Zelle, ob reproduktiv oder nicht, besteht das Bestreben darin, zumindest ihre Komplexität zu erhalten.

In einem "geschlossenen System", in dem ein Energieumsatz zu steigender Entropie führt, sollte dies eigentlich nicht möglich sein; es unterscheidet sich deutlich von dem zu erwartenden Zerfall durch eine zufällige thermodynamische Zerlegung von Informationen.

Es wird versucht worden sein: Das hier durchzuführende Experiment wäre ein Bottich mit einzelligen Organismen (um die Rekombination zu verhindern) unter guten Bedingungen, mit einer harten Strahlungsquelle in der Mitte. Würde etwas komplexeres entstehen? Kaum. Tatsächlich scheint es, gemessen an der Menge an inaktiver und sogar fremder DNA, die in Lebewesen zu finden ist, äußerst schwierig zu sein, selbst nutzlose oder gefährliche Informationen in einer Reproduktionskette loszuwerden, ohne diese völlig zu zerstören.

Folglich wären die meisten zufälligen Veränderungen im Aufbau einer lebenden Zelle nicht überlebensfähig, sondern führen nur zu deren Zerstörung, Tod und Verfall. Oder, wie der Physiker Erwin Schrödinger einmal bemerkte, ist es nicht die Energie, die wir mit unserem Stoffwechsel aufnehmen, sondern so genannte "negative Entropie", die unsere lebenden Zellen so erhält, wie sie sind, und damit am Leben.

Man könnte sogar argumentieren, daß Energie, die ohne diesen Kontext in einer lebenden Zelle freigesetzt wird, diese normalerweise zerkocht; und Pflanzen zum Beispiel einen Weg finden mußten, dieses Problem zu umgehen, um Photonen einfangen zu können, ohne dabei zu welken.

Nicht, daß dieses planvoll oder absichtlich geschieht; aber die Biologie des Lebens scheint weniger von Veränderungen abhängig zu sein, wie Darwin es untersucht hat, als von Bewahrung; zufällige Veränderungen in der DNA, die in der einen oder anderen Form meist tödlich sind, müssen repariert, neutralisiert oder eliminiert werden, damit das Leben weitergehen kann.

Wenn also willkürliche oder tatsächlich willentliche Veränderungen ohne den Kontext der Anpassung tödlich sind, und die Evolution weder für das Individuum noch für die Spezies, ja nicht einmal für das Leben selbst irgend ein Verständnis hat, dann wird das, was sich dem Zufall auf jedweder Ebene nihilistisch hingibt, regelmäßig zerstört; und das, könnte man argumentieren, ist die Essenz des Darwinismus.

Doch während zum Gedenken an diejenigen, die diesen Weg beschreiten, der "Darwin Award" geschaffen wurde, sollte man nicht vergessen, daß darin ein noch zu lösendes Rätsel liegt:

Der wahre Ursprung der "negativen Entropie", ein sprachlich satanischer negativer Ausdruck der "wahren Ordnung", die von außen in jede lebende Zelle eingebracht wird, den schädlichen Auswirkungen ihres Energieumsatzes entgegenwirkt und sie so lange am Leben erhält wie sie es kann.

Und damit auch der Ursprung jener Ordnung, die sich überall in unserer Umgebung manifestiert.


Vom Standpunkt der Religion aus betrachtet hat Darwin, obwohl selbst ein Schüler der Kirche, und andere (wie etwa sein Zeitgenosse Alfred Russel Wallace, der, während er an einem ganz ähnlichen Projekt wie Darwin arbeitete, die geologische Entwicklung der lebenden Umgebung etwas stärker betonte) vielleicht wirklich die Vorstellung zerstört, daß Mensch und Tier (und dieser Planet) individuell von Gott erschaffen worden seien.

Aber seltsamerweise gingen die Darwinisten (oder auch ihre religiösen Gegner), zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung nicht weiter, obwohl es ihnen ins Gesicht starrte: kalt und objektiv betrachtet ist Evolution - der "neue" Mechanismus um neue Arten, und sogar Unterarten zu schaffen - nach dieser Definition eine Form der Schöpfung (etwas Neues entsteht, das es vorher noch nicht gab).

Und es ist sogar eine, die nach ihren eigenen wissenschaftlichen Maßstäben am ersten Tag damit begann, die materiellen Voraussetzungen für das spätere Leben zu schaffen; und die, wiederum nach eigener Aussage, überall und in jedem Moment aktiv ist, ständig neue Varianten schafft, andere aussterben läßt - und nie ein Ende findet; vor allem dann nicht, wenn die Geologie mit einbezogen werden soll.

Der einzige Faktor, der jetzt fehlte, war der göttliche Entwurf - und selbst das wäre letztendlich eine Frage der Definition gewesen.


Mit anderen Worten:

Die Schöpfung ist kein Kredit aus der Vergangenheit, eine alte Schuld, die an die Zukunft weitergegeben wird - sondern ein alltäglicher Akt der Gegenwart.

Durch die Trennung des Menschen von Gott wurde der Mensch jedoch paradoxerweise nicht in den Himmel erhoben, sondern kehrte in das Reich des Tieres zurück - was mit der Zeit eine Gleichbehandlung erfordert.

Der Mensch konnte sich nun nicht mehr als etwas Besonderes bezeichnen, und andererseits in einem Tier das Abbild der Schöpfung Gottes nicht mehr erkennen; und früher oder später wird daraus eine neue Rechtfertigung für Grausamkeit und Vergötterung - in beide Richtungen; nun konnte man Menschen genauso ungestraft wie Tiere behandeln, als Tiere wie Menschen - und solche Handlungen von der Wissenschaft rechtfertigen lassen. Gegen Gottes Geschöpfe grausam zu sein oder sie zu vergöttern, ist nicht verpönt, wenn sie es nicht sind.

Aus wissenschaftlicher Sicht spricht nichts gegen die Anwendung eines allgemeinen biologischen Mechanismus, der jedem Züchter bekannt ist, auf die Evolution des Menschen selbst, wie jeder anderen Spezies. Auf den ersten Blick zumindest. Nicht mehr als es auf geologischer Seite ein Argument gegen die Erosion gäbe.

Aber sofort entbrannte eine Debatte, ob der vorgeschlagene Agent der Evolution - zufällige Veränderungen durch den Filter der Umwelt – ausreichte, um die stetige Verbesserung alter und das Aufkommen neuer Arten zu erklären; besonders als Clausius' Idee vom stetigen entropischen Zerfall alles Natürlichen in den Köpfen der Adressaten Einzug hielt.

Dies war keine Frage der Wahrscheinlichkeit, sondern des Prinzips: Überwiegen große Zahlen die Wahrscheinlichkeit? Und andererseits: wäre das Universum überhaupt möglich, wenn gewisse Naturkonstanten auch nur geringfügig anders wären - und sind diese Konstanten also vielleicht doch nicht so unabhängig, wie sie scheinen?

Dies führte dazu, daß einige Wissenschaftler in die Irre gingen, vom geraden und engen Pfad der Tugend abwichen, und zum Beispiel Schrödinger vorschlug, die Aufnahme negativer Entropie oder Negentropie (oder, wenn man so will, Ordnung) über die Aufnahme von Nahrung vorzuschlagen (und, wie immer nicht erwähnt, Luft), um die DNA der Körperzelle zu stabilisieren (und möglicherweise zu verbessern).

Obwohl dieses später zurückgewiesen wurde, spricht vieles dafür. Es erfordert natürlich, daß Pflanzen negative Entropie von der Sonne (oder sogar künstlicher Beleuchtung) erhalten; und am Ende führt es zur Suche nach der letzten - und notwendigerweise anorganischen - Quelle aller negativen Entropie oder Entropiereduktion oder - wenn man so will, positiv gesehen: Ordnung.


Und schließlich, ökonomisch betrachtet:

Wenn es zwischen Mensch und Tier keinen fundamentalen biologischen oder spirituellen Unterschied mehr gibt, und der Mensch im Wirtschaftsprozeß, der in Wirklichkeit ein Stoffwechselprozeß ist, einen Mehrwert erzeugt: Erzeugt dann auch ein Tier einen Mehrwert? Und wenn der Mensch dann Maschinen baut, um beide zu ersetzen: Erzeugen dann Maschinen einen Mehrwert? Und wenn Pflanzen nichts anderes tun als die Tiere, die sich von ihnen ernähren, nämlich sich selbst als Mehrwert erschaffen, tun dieses dann sogar auch die Pflanzen?

Und wenn ja, wer darf den so geschaffenen Wert behalten und wer nicht - und warum?

Und wenn dann tatsächlich jeder Stoffwechsel mehr kostet als seine Wertschöpfung ergibt, und somit auch unter den günstigsten Umständen sich nicht einmal selbst erhalten kann - wer bleibt dann auf der Rechnung sitzen?


Kurz gesagt, die von Darwin, Marx und Clausius aufgeworfenen Fragen überwältigen die Antworten, die sie versucht haben, auf frühere Fragen zu geben. Tatsächlich widersprechen ihre Vorschläge einander, und sogar sich selbst, grundlegend, da sie alle, offen oder versteckt, auf die eine oder andere Weise auf externe Inputs zurückgreifen, die gleichzeitig ideologisch abgelehnt werden. Weder eine Gesellschaft, noch die Mechanik, noch die Biologie können jedoch auf reinem Zufall und Verfall überleben und gedeihen - schon gar nicht, wenn am Anfang nichts war.

In dem jedoch der abendländische Mensch sich von Gott abwandte (und das ganz unabhängig von der tatsächlichen Existenz Gottes), verlor er zwangsweise den Verstand und die Vernunft, da ihm damit jeder objektive Maßstab abhanden ging und zu einer subjektiven, und damit kurzgeschlossenen Beliebigkeit verkam.

Man könnte die bisher so definierte moderne Dreifaltigkeit, vom Menschen aus gesehen, auch als Biologie (Darwin), Physik (Clausius) und Religion (Marx) beschreiben; und logischerweise kann schon biologisch gesehen kein Mensch, kein Lebewesen die eigenen Voraussetzungen erschaffen (da notwendigereise selbst noch nicht vorhanden, als diese geschaffen werden mußten); und physikalisch gesehen kann er sich selbst nicht erhalten - glaubt aber in seiner Verblendung und modernen säkularen Religion beides.

Doch erst jetzt beginnt sich das Chaos wirklich zu rächen, das diese widersprüchlichen, mißverstandenen und fehlinterpretierten Theorien im abendländischen Geist angerichtet haben, da die letzten Exponenten des früheren Denkens endgültig weggestorben sind.

Und damit sind die letzten Hindernisse beseitigt für das Selbst-Bild einer willkürlich konstruierten Spezies, optimiert für eine sich auflösende Umgebung, die vom Moment ihrer Entstehung an zerfällt; nicht in der Lage, sich selbst zu ernähren, aber dennoch dazu gezwungen; und so, die Reste seiner Ressourcen vernichtend, auf einem selbstmörderischen Pfad in den Abgrund, vollkommener Herr seines eigenen Schicksals, und dabei völlig überlastet und überfordert mit der Aufgabe, sich seine eigenen Voraussetzungen zu schaffen - und damit sich selbst.


Nichts in der kosmischen Ordnung aller Dinge könnte weiter von der Realität oder der Wahrheit entfernt sein als diese Täuschung.



[  Der Mensch  ] ist frei, eine falsche Wahl zu treffen, aber nicht frei, damit erfolg zu haben.

Es steht ihm frei, der Realität auszuweichen, es
steht ihm frei, seinen Verstand von jedem Fokus zu befreien und blind jeden Weg entlangzustolpern, den er möchte; es steht ihm jedoch nicht frei, dem Abgrund zu auszuweichen, den er dabei nicht sehen will.

Wissen ist für jeden bewußten Organismus das Mittel zum Überleben; für ein lebendiges Bewußtsein beinhaltet jedes "ist" ein "sollte".

Es steht dem Menschen frei, sich zu entscheiden, nicht bei Bewußtsein zu sein, aber nicht frei, der Strafe der Bewußtlosigkeit zu entgehen:

Zerstörung
.

Ayn Rand






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